Montag, 14. Januar 2008


Definition

Im deutschen Jugendstrafrecht fallen:

· Personen unter 14 Jahren (Alter zur Tatzeit) Strafunmündig (strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen)

· Personen (Jugendliche) von 14 bis unter 18 Jahre unter dem Jugendgerichtsgesetz und dem Kinder- und Jugendhilfegesetz eingestuft

· Personen (Heranwachsende) zwischen dem 18. und einschließlich 20. Lebensjahr unter das Erwachsenenstrafrecht, als auch unter das Jugendstrafrecht

· Straftat: (Verhaltensweise, die durch ein Strafgesetz mit Strafe bedroht ist)
Jugendtypische Delikte:

Statistik zur Jugendkriminalität

Im Jahr 2006 wurden 100.487 Kinder, 278.447 Jugendliche und 241.824 Heranwachsende in Deutschland als Tatverdächtige ermittelt (siehe Grafik).


















· an Hand von Statistiken (Polizeiliche Kriminalstatistik, Verurteiltenstatistik usw.) genaues Ausmaß der Jugendkriminalität nicht feststellbar

· wegen unterschiedlichen Erfassungszeiträumen/-daten und anderen Einflussfaktoren nicht vergleichbar

· Dunkelfeldstudien (empirische Täter- und Opferbefragungen) ergänzen das offizielle Hellfeld.


Unter den polizeilich erfassten Straftaten fallen:

· Diebstahlsdelikte (speziell Ladendiebstähle, Fahrrad- und Kraftraddiebstähle, Raubdelikte)
· Körperverletzungsdelikte
· Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz
· Sachbeschädigungen.

Delikte, wie Beleidigung, Urheberrechtsverletzungen und Ladendiebstahl haben eine hohe Dunkelziffer, da diese schwierig erfasst werden können.
Von 10 Ladendiebstählen werden nach Ergebnissen der Dunkelfeldforschung 9 nicht entdeckt.

Wenige Faktoren führen zur Straffälligkeit von Jugendlichen

Kriminologie untersucht Entstehungs- und Erscheinungsformen der Jugendkriminalität:

Kriminogene Faktoren

Die Entwicklungsmöglichkeiten und das soziale Umfeld prägen den Jugendlichen erheblich.

Ursachen für Jugendkriminalität liegen in:

Störung des Sozialverhaltens sowie der Persönlichkeit des Betroffenen als Folge von:

· Schwierigkeiten in der Familie
· Schule oder Gruppenzwang
· unzureichender Umgang mit Konflikten
· Leistungsdruck
· fehlender Frustrationstoleranz
· Neugierverhalten und/oder schlechten Zukunftsperspektiven


Weitere Ursachen für die Kriminalität von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind:

· innerfamiliäre Gewalterfahrungen
· fehlende Schulabschlüsse
· archaische Vorstellungen von Männlichkeit und Ehre
· unsicherer Aufenthaltsstatus

Diese Vorstellungen gelten auch als das Ergebnis von Zuschreibungen über das Wohnen in sozialen Brennpunkten.








Übersicht über die Häufigkeit von Delikten bei

nichtdeutschen Jugendlichen deutsche Jugendliche

Körperverletzungsdelikte 29,5% 23%
Diebstahlsdelikte 22,9% 23%
Sachbeschädigungen 18,9% 18,9%

Die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen mit beispielsweiser türkischer- oder Jugoslawische Herkunft ist deutlich höher


Zeitlich begrenzter Abschnitt der Jugendkriminalität

Der Anpassungsprozess in die Gesellschaft ist für Jugendliche nicht selten konfliktbehaftet.


· Episodenhafter verlauf von Jugendkriminalität (begrenzt auf einen Lebensabschnitt)

· größter Teil der straffällig gewordenen Jugendlichen beginnt keine kriminelle Karriere

· Änderung der Motivation und der Deliktarten im Erwachsenenalter


Mehrfach- bzw. Intensivtäter

· kleiner Teil (rund 3 bis 6 Prozent) der jugendlichen Tatverdächtigen fällt durch wiederholte Begehung von Straftaten auf
· Gruppe von Mehrfach- bzw. Intensivtätern begeht nach Untersuchungen der Landeskriminalämter zwischen 30 und 60 % der für die Altersgruppe bekannt gewordenen Straftaten

Werden Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger straffällig?

Die Tatverdächtigenstatistik zeigt, dass der Ausländeranteil im Jahre 2005 mit 22,5% bei einem Ausländeranteil in Deutschland von 8,8% vergleichsweise höher ist, als der Tatverdächtigenanteil der Deutschen.

Allerdings tauchen in der Statistik auch Touristen und Illegale auf, die das Ergebnis verfälschen.

Außerdem leben Ausländer häufiger in Städten und der Altersdurchschnitt ist niedriger, welches auch bei deutschen Jugendlichen das Risiko erhöht, kriminelle Handlungen zu begehen.






Kontroversen um das Jugendstrafrecht

infolge medialer Darstellung von Einzelfällen:

· politische Debatten über Verschärfung des Jugendstrafrechts
· beliebtes Wahlkampfthema

Forderung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch in einem Interview mit BILD im Januar 2008:

· verurteilte Täter zwischen 18 und 21 Jahren dürften „nicht vor allem mit Verständnispädagogik behandelt werden und regelmäßig offenen Vollzug bekommen“.

Vorsitzende des Deutschen Richterbundes Christoph Frank:

· „Die Diskussion gaukelt den Menschen Zusammenhänge vor, die es nicht gibt. Die Formel: härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch. Die Politik würde hier erneut der Versuchung unterliegen, Fragen des Strafrechts für plakative Botschaften zu missbrauchen. Das Thema sei aber zu ernst, um vor Wahlen immer wieder instrumentalisiert zu werden“.

Der Deutsche Anwaltverein meinte:

· dass es die Glaubwürdigkeit von Politik nicht gerade fördere, wenn solche Patentrezepte ganz kurz vor Wahlen geäußert würden.

CDU fordert in „Wiesbadener Erklärung“ einen „Warnschussarrest“:

· Anhebung der Höchststrafe für Jugendkriminalität von zehn auf 15 Jahren

· konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei allen Tätern über 18 Jahre

· schnellere Abschiebung von kriminellen ausländischen Jugendlichen.)

SPD verwies auf:

· Warnschussarrest bereits möglich

· Fordern einer Beschleunigung der Strafverfahren

· Aufstockung des Personals für Anklagung und Verurteilung von Wiederholungstäter innerhalb eines Monats








Der Deutsche Richterbund kritisierte, dass:

· die Landesjustizverwaltungen der Länder (SPD- oder CDU -regierung)
außerhalb ihrer Wahlkämpfe in den vergangenen Jahren bereits einen Personalabbau durchgeführt hätten, der schnelle Verfahren nicht mehr zulasse.

in der Amtszeit von Roland Koch:

· Streichen sämtlicher Landeszuschüsse für ambulante Maßnahmen zur Wiedereingliederung straffälliger Jugendlicher durch hessische Landesregierung

· Reformierung des Jugendstrafvollzugsgesetzes im eigenen Bundesland

· Bundesland liegt an letzter Stelle in der Zeit Jugendstrafsachen zu bearbeiten

· Kriminologe Christian Pfeiffer bezeichnete Jugendarrest mit Rückfallquoten von 70 Prozent als unwirksam

1 Kommentar:

kommunikator hat gesagt…

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